Peter Unfried, :

Die Sozialökologie, die zuvor im Begriff schien, Teil des gesellschaftlichen Normalitätsverständnisses zu werden, wurde mit der Bundestagswahl 2021 ausgebremst. Zum einen schlugen die Kräfte der fossilen Bewahrung gewaltig zurück, zum anderen war Annalena Baerbocks Wahlkampf desaströs. Insgesamt erwies sich „Bereit, weil ihr es seid“ – der Grünen-Wahlkampfslogan und zugleich ein Versprechen, auf Wunsch der Mehrheitsgesellschaft ernsthafte Klimapolitik zu verfolgen – als zu optimistische Einschätzung. Insbesondere mit Blick auf die Koali­tionspartner: Einmal in der Regierung, dachten Scholz und Lindner nicht im Traum daran.

Und Fridays for Future? Hatten den emanzipatorischen Quantensprung vollzogen, eine Bewegung zu sein, in der Frauen führen und Jungs assistieren, hatten Bundes- und Kommunalpolitik tatsächlich bewegt. Sie regierten jetzt mit, wie der Soziologe und Protestexperte Armin Nassehi bemerkte.

Fridays setzte auf die Massendemo als Inszenierung des Protests, was im September 2019 in einem globalen Klimastreik kulminierte, bei dem weltweit Millionen auf die Straße gingen. Danach war das Format „auserzählt“, die Hunderttausende mit den leuchtenden Augen und den lustig-pathetischen Schildern nicht dauerhaft mobilisierbar. Ortsgruppen schliefen ein oder verzettelten sich in Quotierungsfragen und internen Rassismusdebatten. Die konzeptuelle Weiterentwicklung fehlte, oder ihr fehlte die Sichtbarkeit. Die Pandemie tat ein Übriges.

Wenn Protestbewegungen frustriert sind, passiert immer das Gleiche: Die Massen bleiben zu Hause und eine kleine Gruppe radikalisiert sich mit der eher menschenfernen Idee, die Leute durch härteres Rannehmen und schärfere Ansprache zur Einsicht zu bringen – oder zumindest uns Medien zum Berichten. Letzteres funktioniert bei der „Letzten Generation“ prächtig, allerdings nicht im Sinne von Neubauer.

Wenn das eine Protestinstrument, der Massenstreik, an sein Ende gekommen ist, das Geklebe aber inhaltlich nichts bringt und man zudem Staat und Institutionen nicht angreifen darf, sondern schützen muss, da die Angriffe von rechts kommen – wie geht es dann eigentlich weiter mit Aktivismus?

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